Über 300 Tage hat die politische Blockade in Spanien angedauert. Am Sonntag schien sie endlich beendet, denn die Sozialisten entschlossen sich nach einer überaus turbulenten Delegiertenversammlung, eine Minderheitsregierung des amtierenden konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu dulden. 139 Delegierte stimmten dafür, 96 dagegen. «Das ist eine historische Entscheidung», kommentierte Radio Nacional den Beschluss.
Sozialisten vor einem Zusammenbruch
Zum ersten Mal in der Geschichte der jungen spanischen Demokratie wollen die Sozialisten nun im Parlament nicht gegen die Wahl eines konservativen Ministerpräsidenten stimmen. Mariano Rajoy, der seit zehn Monaten geschäftsführend im Amt ist, kann sich nun in den nächsten Tagen der Vertrauensabstimmung stellen. Zusammen mit der liberalen Partei Ciudadanos kommen die Konservativen auf 165 der 350 Sitze im spanischen Abgeordnetenhaus.
Im zweiten Wahlgang, der voraussichtlich am kommenden Sonntag stattfindet, wird die Enthaltung der Sozialisten ausschlaggebend sein, damit die Regierung ins Amt eingesetzt werden kann, denn dann genügt dem Kandidaten die einfache Mehrheit. Die Spanier haben bereits im Dezember 2015 und dann wieder im Juni 2016 gewählt, die konservative Partei Partido Popular wurde beide Male als stärkste Kraft bestätigt, blieb allerdings von der absoluten Mehrheit weit entfernt. Doch es gelang den Konservativen nicht, genügend Verbündete im Parlament zu finden.
«Die Alternative wären dritte Wahlen gewesen, das konnten wir den Spaniern nicht zumuten», so erklärte Javier Fernández, der seit dem Rücktritt des sozialistischen Generalsekretärs Pedro Sánchez Anfang Oktober die Partei interimistisch leitet. Sánchez war stets ein Gegner der Enthaltung, das kostete ihn am Schluss den Parteivorsitz. Das Ergebnis der parteiinternen Abstimmung am Sonntag zeigt allerdings, wie gespalten die Sozialisten in dieser Frage waren und es noch immer sind. Die katalanische Regionalpartei hat bereits angekündigt, dass sie sich der Parteidisziplin nicht fügen und weiter gegen Rajoy stimmen werde.
Die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Sozialisten ist nicht gebannt. Ihnen droht vielmehr die Abspaltung kritischer Regionalverbände und auch ein massenhafter Austritt enttäuschter Parteimitglieder. Die neue Linkspartei Podemos, die sich den Enttäuschten als Alternative anbietet, wittert Morgenluft. «Mit ihrer heutigen Entscheidung haben die Sozialisten ihre Niederlage vor Rajoy besiegelt», bemerkte der Podemos -Vizechef Íñigo Errejón ätzend.
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